Infobögen

Es stehen derzeit drei Infobögen zur Verfügung:

  • Schreiben nach Hören, Schreiben nach Gehör, Lesen durch Schreiben - aktueller Infobogen
  • Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben - Leßmann-Konzept kurz gefasst
  • Schreiben lernen mit einer Anlauttabelle - älterer, kürzerer Infobogen

Fragen und Antworten zum Schreiben mit einer Anlauttabelle (aktueller Infobogen)

Ein Infobogen zur aktuellen Diskussion um "Schreiben nach Gehör" informiert über die Praxis des Unterrichts mit Anlauttabellen, über fachdidaktische Hintergründe und aktuelle Forschungsergebnisse (Stand 2021). Den Bogen finden Sie hier zum Ausdrucken und Weitergeben. Den kompletten Bogen können Sie auch hier einsehen.

Der Infobogen richtet sich an Kollegen und Kolleginnen, Eltern und andere Interessierte. Er gibt Antworten auf folgende Fragen:

Was bedeutet "Schreiben nach Gehör" oder "Schreiben nach Hören"?

Wie lernt man mit einer Anlauttabelle das Schreiben?

Und wann lernen Kinder eigentlich, „gute Texte“ zu schreiben?

Kann man mit einer Anlauttabelle auch Rechtschreiben lernen?

Warum ist das Thema Rechtschreiben im 1. Schuljahr ein Reizthema?

Was sagt die Forschung zum Schreiben mit einer Anlauttabelle?

Beachten Sie auch einen älteren und kürzeren Infobogen zum Schreiben mit einer Anlauttabelle (unten).

 

Informationen für Lehrer/-innen und andere Interessierte

In dem hier vorgestellten Konzept darf jeder im Unterricht schreiben, was ihm wichtig ist. Schülerinnen und Schüler setzen sich so schreibend mit grundlegenden Fragen des Lebens auseinander – jeder gemäß der individuellen Voraussetzungen. Dabei spüren die Schreiber und Schreiberinnen, wie wertvoll die eigenen Gedanken sind. Sie erleben, was sie mit ihren eigenen Texten bei ihren Zuhörern bewirken können. Die Gruppe wird zum wichtigen Ratgeber für das eigene Lernen.

Auf der Basis dieser Texte werden Schreib- und Rechtschreibkompetenzen, wie sie in den rechtlichen Vorgaben (Lehrpläne, Bildungsstandards) für die Primar- und die Sekundarstufe gefordert werden, auf höchst individualisierende Weise entwickelt.

Durch aktives Sprachhandeln, gemeinsame Sprachreflexion und regelmäßiges Feedback werden zugleich bildungssprachliche Kompetenzen gefördert. Diese Konzeption von Unterricht entspricht den Herausforderungen einer inklusiven Deutschdidaktik.

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Schreiben – persönliche und fachliche Potenziale entfalten

Die eigenen Gedanken, Sehnsüchte, Haltungen, Meinungen und Interessen sind großartige Potenziale jedes Einzelnen. Ein persönliches Tage- bzw. Schreibbuch lädt die Schüler ein, Eigenes in Form von Geschichten, Berichten, Wünschen, Fragen, Nachdenktexten, Appellen, Sachtexten… festzuhalten und mit anderen zu teilen.

Das Tage- oder Schreibbuch ist das Herz eines Unterrichts, der das Leben des Einzelnen als Basis des schulisches Lebens und Lernens wertschätzt.

Eine regelmäßig stattfindende Schreibzeit öffnet im Unterricht Räume, die eigenen Gedanken zu verschriften, die Wirkung eines Textes innerhalb der Klasse z.B. in der Autorenrunde zu erproben und so lange an Inhalt und Form in der Schreibkonferenz zu feilen, bis Autor und Zuhörer den Text als gelungen bezeichnen.

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Der inhaltlich überarbeitete Text wird rechtschriftlich – zunächst selbstständig, dann zusätz- lich von der Lehrperson - korrigiert und in eine überzeugende äußere Form gebracht. Mit dem Präsentationstext geht der Autor schließlich in die Öffentlichkeit, um etwas von sich selbst auszudrücken, andere zu unterhalten, zu informieren oder zu appellieren.

Das Schreiben im Tage- bzw. Schreibbuch wird ergänzt um weitere authentische Schreiban- lässe, die sich aus dem Klassen- und Schulleben ergeben: Klassenratsprotokolle, Einladun- gen, Sachtexte für ein Lexikon etc.

Ein so veränderter Schreibunterricht benötigt Alternativen für die Leistungsüberprüfung. Aufsätze, die ausschließlich für die Zensur durch den Lehrer geschrieben werden, entsprechen nicht den aktuellen Anforderungen der Schreibdidaktik. Vorgestellt werden z.B. Arbeiten, in denen auch die geforderten Reflexions- und Überarbeitungskompetenzen überprüft werden.

Rechtschreiben – den eigenen Texten zuliebe

Rechtschreibkompetenzen werden hier im Sinne der aktuellen Fachdidaktik (vgl. Bildungs- standards) als Teil von Schreibkompetenz verstanden. Das Ziel des Rechtschreiblernens besteht darin, die eigenen Texte so schreiben zu können, dass die Leser sie schnell und mühelos erfassen können. Die normierte Rechtschreibung hilft dabei.

Die eigenen Texte geben Auskunft über den individuellen Entwicklungsstand. Sie werden zur Grundlage für ein individuell ausgerichtetes Rechtschreibtraining – von Anfang an.

Jeder Schüler erhält regelmäßig genau die Übungen, die seinem Lernstand entsprechen. Ein Material wie die „Rechtschreibbox“ hält passende Aufgaben für die Primar- und die Sekun- darstufe bereit. Durch sie werden Basisfähigkeiten, orthografische Muster, Strategien und Regeln ausgebildet.

Aus den eigenen Texten ergibt sich zudem ein individuelles Wörtertraining, das motivierend und zugleich ökonomisch ist. Geübt wird mit einer Fünf-Fächer-Lernkartei, der sogenannten Wörterklinik bzw. der Computer-Lernkartei.

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Und schließlich gehört das Erlernen und Anwenden von Arbeitstechniken zum Rechtschreiblernen. Abschreiben, Nachschlagen im Wörterbuch und das eigenständige Korrigieren eines Textes sind Techniken, die für das Verfassen von Texten notwendig sind.

Die verschiedenen Wege des Rechtschreiblernens beinhalten vielfältige Möglichkeiten der Förderung im Fall von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS/Legasthenie). Spezielle Hilfen wie etwa das Üben der 100 häufigsten Wörter sowie Konzentrations- und Aufmerksamkeits- übungen ergänzen das Lernen.

Das individuelle Training ist eingebunden in Rechtschreibgespräche mit der ganzen Klasse. Hier werden Schreibweisen unter Rückgriff auf die Struktur der Schriftsprache gemeinsam erklärt. Dabei vertiefen die Schüler ihr jeweils individuelles Können und Wissen im Austausch mit den Mitschülern.

Die traditionelle Form der Leistungsüberprüfung durch Diktate wird dem aktuellen Verständnis von Rechtschreibkompetenz nicht mehr gerecht. Deshalb werden Rechtschreibarbeiten und andere Wege der Leistungsdokumentation angeboten. Sie bieten Möglichkeiten, die im Unterricht erworbenen umfassenden Kompetenzen nachzuweisen.

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Das eigene Unterrichtskonzept entwickeln

Dieses Konzept besteht aus vielen einzelnen Bausteinen, die Sie isoliert oder in unterschiedlichen Kombinationen auch mit Ihren Unterrichtsbausteinen einsetzen können. Deshalb lade ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen ein, sich diejenigen Bausteine auszuwählen, mit denen Sie Ihr eigenes Unterrichtskonzept weiter entwickeln können.

Eine Übersicht über mögliche Schritte für den eigenen Unterricht oder gemeinsame Fachabsprachen im Kollegium finden Sie in folgenden Übersichten (Downloads):

  • Schreiben – kurz gefasst – für Ihren Unterricht und Fachabsprachen
  • Rechtschreiben – kurz gefasst – für Ihren Unterricht und Fachabsprachen

Das hier skizzierte Konzept ist ausführlich vorgestellt in dem Buch „Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben. Ein Handbuch für den Deutschunterricht“ (Dieck 2007/2013).

Einblicke in den Unterricht erhalten Sie über die beiden Filme „Jedes Kind wertschätzen“ und „Klasse Texte!“ sowie durch zahlreiche Fotos und Texte aus dem so gestalteten Unterricht auf meiner Homepage: www.beate-lessmann.de

Es grüßt Sie herzlich

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Informationen für Eltern, Lehrer/-innen und andere Interessierte (Infobogen 2014)

Immer wieder wird diskutiert, ob sinkende Rechtschreibleistungen auf Unterrichtskonzepte zurückzuführen seien, bei denen Kinder mit Hilfe einer Anlauttabelle bereits kurz nach Schuleintritt eigene Wörter schreiben dürfen. Das Konzept „Lesen durch Schreiben“ von Jürgen Reichen wird dabei besonders kritisiert. Das ist darauf zurückzuführen, dass Reichen maßgeblich zur Verbreitung der Idee der Anlauttabelle beigetragen hat. Eine Anlauttabelle findet sich heute in den meisten Lehrwerken für das 1. Schuljahr. Das Schreiben eigener Texte von Anfang an wird vor allem von Vertretern des Spracherfahrungsansatzes verfolgt.

Als Befürworterin des Schreibenlernens mit einer Anlauttabelle im Sinne des Spracherfahrungsansatzes möchte ich einige Anregungen zur eigenen Meinungsbildung geben.

Die grundlegenden Informationen ergänze ich um Hinweise, die sich auf die Arbeit mit dem von mir entwickelten Konzept zur Integration von Schreiben und Rechtschreiben beziehen.

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Bildung – durch das Schreiben eigener Texte von Anfang an!

Wenn Kinder im 1. Schuljahr schon schreiben dürfen, was ihnen wichtig ist, dann vollzieht sich Bildung (im Sinne Humboldts) von Anfang an: Denn hier geht es um ihr Leben, um ihre Persönlichkeit und um die Entfaltung ihrer individuellen Möglichkeiten. Dieses Schreiben geht vom Leben aus, es schafft Raum für die Seele inmitten des Schulalltages. Es stärkt den Einzelnen und bereichert das Miteinander in der Klasse.

Die Anlauttabelle ist ein wichtiges Hilfsmittel, um von Anfang an eigene Wörter schreiben zu lernen. Für Jürgen Reichen war sie der Schlüssel auf dem Weg zum Lesen – durch Schreiben. Für mich ist sie ein wertvolles Werkzeug für den Aufbau echter Schreibkultur von Beginn an.

Die Arbeit mit einer Anlauttabelle erhebt also gar nicht den Anspruch, ein Rechtschreib-Lehrgang zu sein (wie fälschlicherweise im „Hamburger Abendblatt“ zu lesen war). Wie auf diesem Weg die Rechtschreibung erworben wird, sollte gründlich durchdacht werden (s.u.).

Wer „Schreiben lernen“ auf „Richtig schreiben lernen“ reduziert, verkürzt das Verständnis von Schreiben und kehrt der Fachdidaktik den Rücken zu. Er nimmt damit dem Schreiben das persönlichkeitsbildende Potenzial.

Auf das Rechtschreibkonzept kommt es an!

Wer Kindern mit einer Anlauttabelle den Weg ins Schreiben eröffnet, braucht ein Konzept für das Rechtschreiblernen. Viele Lehrwerke, die mit einer Anlauttabelle arbeiten, stellen dafür gut ausgearbeitete Materialien zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es fibelunabhängige Konzepte, die speziell als Ergänzung zum Schreiben mit der Anlauttabelle entwickelt wurden.

Bevor das Schreibenlernen mit einer Anlauttabelle als Ursache für schwache Rechtschreibleistungen kritisiert wird, muss danach gefragt werden, mit welchem Rechtschreibkonzept gearbeitet wird.

In meinem Konzept werden die Schreibungen der Kinder von Anfang an als Grundlage genommen, um jedem Kind auf seinem individuellen Lernniveau die passenden Aufgaben zu geben. Die Kinder erhalten Übungen zu ihren Fehlerschwerpunkten. Außerdem trainieren sie die von ihnen nicht korrekt geschriebenen Wörter langfristig  in einer „Wörterklinik“. In gemeinsamen „Rechtschreibgesprächen“ werden Strukturen der Schriftsprache reflektiert. Eine Kurzvorstellung dieser Wege findet sich hier:  www.beate-lessmann.de/rechtschreiben.html

Ein solches Vorgehen der Integration von Schreiben und Rechtschreiben entspricht der Fachdidaktik. Es wird durch die aktuellen Lehrpläne bzw. Rahmenrichtlinien und die bundesweit geltenden Bildungsstandards gefordert.

Auf die Frage, welches Konzept das Beste ist, gibt es keine eindeutige Antwort. Eine aktuelle Übersicht über Befunde der Forschung diesbezüglich bieten Brinkmann/Brügelmann („Freies Schreiben im Anfangsunterricht“): www.leseforum.ch/myUploadData/files/2012_2_Bruegelmann.pdf

Eines ist offensichtlich: Die Kombination von freiem Schreiben und passenden Rechtschreibübungen von Anfang an bietet die besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Rechtschreiberwerb. Den Zusammenhang bestätigen auch Johanna Fay (Die Entwicklung der Rechtschreibkompetenz beim Textschreiben. Eine empirische Studie, 2010) und Günther Thomé (ABC und andere Irrtümer, 2013).

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Individualisierung statt Gleichmacherei - Jedem Kind auf seinem Weg gerecht werden!

Kinder, die in die Schule kommen, sind zwar in etwa gleich alt, die Unterschiede in ihrer Entwicklung betragen jedoch bis zu vier Jahren. Deshalb können diese Kinder nicht alle im Gleichschritt unterrich- tet werden. Beim Schreiben mit einer Anlauttabelle lernt jedes Kind auf seinem Niveau. Kein Kind wird genötigt, „Ma malt Mo“ aus der Fibel im Gleichschritt zu lesen. Wer das schon kann, ist unterfordert. Und wer die Buchstaben noch nicht entziffern kann, ist überfordert und wird schnell entmutigt. Statt „Ma“ und „Mo“ abzuschreiben, dürfen Kinder schreiben, was für ihr Leben wichtig ist. Und das sollte allen Kindern ermöglicht werden - in Blankenese genau so wie in Wilhelmsburg.

Wenn Lernen erfolgreich sein soll, darf ein Kind weder unter- noch überfordert werden (Motivationstheorie). Und es muss persönlich bedeutungsvoll sein – so sagt es der Hirnforscher Gerald Hüther.

Was es heißt, auf seinem Niveau schreiben zu dürfen und Schreiben als bedeutungsvoll zu erleben, lässt sich an freien Texten aus den Jahrgängen 1 bis 10 nachvollziehen:   http://www.beate-lessmann.de/schuelertexte/tagebuchtexte.html

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Die Lehrperson – wichtig für den Lernerfolg des Kindes

Die Überzeugungen der Lehrperson – das zeigen alle Studien, die diesen Faktor untersuchen – spielen eine entscheidende Rolle für die Lernerfolge des Kindes (vgl. a. Hattie-Studie).

Lehrer/-innen, die mit einer Anlauttabelle arbeiten, haben ihre Entscheidung bewusst getroffen. Sie sind davon überzeugt, dass sie so jedem einzelnen Kind am besten gerecht werden: fachlich und per- sönlich. Oft sind es diejenigen, die sich überaus engagiert für das Wohl jedes einzelnen Kindes einsetzen. Ihr pädagogisches Grundanliegen, jedes Kind wertzuschätzen, spiegelt sich im Fachlichen wider.

Wer Lehrer/-innen, die sich für ein zugleich fachlich und pädagogisch begründetes Konzept bewusst entschieden haben, Steine in den Weg legt, nimmt Kindern, Lehrkräften und der Gesellschaft wertvolle Chancen. Kinder, die sich von Anfang an ernst genommen fühlen und ermutigt werden, die eigenen Gedanken aufzuschreiben und in die Gruppe einzubringen, sind auf dem besten Wege, mündige Bürger/-innen einer demokratischen Gesellschaft zu werden.

Ich wünsche Ihnen Verständnis und Wertschätzung für Kinder - und für Lehrer/-innen!

Es grüßt Sie herzlich

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Aktuell zur Diskussion: Schreiben nach Gehör? Schreiben nach Hören? Lesen durch Schreiben?

 

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